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Von Bagatellen und Grenzen

Bagatelle, die – Substantiv, feminin unbedeutende, geringfügige Angelegenheit; Kleinigkeit

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Diskussion zur Einführung einer Bagatellgrenze bei der Rückerstattung der Umsatzsteuer in Höhe des europarechtlich maximal zulässigen Betrages von 175 Euro stellen wir uns die Frage, welche Auswirkungen dies auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer Region hätte.

Ein „schneller“ Einkauf an einem gewöhnlichen Samstag entlang des Hochrheins kann schon bei der Parkplatz-Suche zur Zerreißprobe werden. Wirft man einen Blick durch die Reihen „parkierender“ Fahrzeuge, so ist die Überzahl Schweizer Kennzeichen nicht zu leugnen. Und wer freut sich nicht, wenn (endlich an der Kasse angekommen) der Vordermann mit vollem Einkaufswagen auch noch nach einem „Usfuhrschii“ fragt? Unsere Region ist zum Nahversorger für unsere Schweizer Nachbarn geworden. Sicherlich hat dies ein gewisses Maß an Unmut in der ortsansässigen Bevölkerung verursacht.

Dennoch ist der vielzitierte „Einkaufstourismus“ zweifelsohne ein bedeutender Treiber des wirtschaftlichen Erfolgs unserer Grenzregion. Neu entstandene Verkaufsflächen, Beschäftigungsaufbau, positive Entwicklung von Stadt- und Ortskernen, anhaltender Erfolg der dualen Ausbildung und der Integration von Geflüchteten – all dies wäre ohne die grenzüberschreitende Konsumnachfrage aus der Nord- und Ostschweiz so wohl kaum zu realisieren.

Laut aktuellen Zahlen würden über 80% (!) aller Einkäufe unter die genannte Grenze von 175 Euro fallen. In diesen Fällen würde die Umsatzsteuer mit Einführung der Bagatellgrenze zukünftig also nicht zurückerstattet. Aktuell bestünde eine Neigung der Konsumenten, die Rückerstattung auch bei kleinen und kleinsten Einkäufen in Anspruch zu nehmen. Dies lässt klar auf eine wesentliche Bedeutung der Umsatzsteuerrückerstattung am Konsumverhalten schließen. Eine Einschränkung dieser kann folglich bei Weitem nicht als „unbedeutende Kleinigkeit“ abgetan werden. Die mögliche Einführung der Bagatellgrenze darf unserer Ansicht nach, nicht als Bagatelle betrachtet werden.

Neben den positiven Auswirkungen der Umsatzsteuer-Rückerstattung auf das Konsumentenverhalten unserer Schweizer Nachbarn spielen hierbei sicherlich auch andere Faktoren eine Rolle. Hier sind gerade die Unterschiede in den Einkommensverhältnissen, das jeweilige Preisniveau im Einzelhandel und der Wechselkurs zu nennen. Auch weiche Faktoren wie etwa die Aufenthaltsqualität im Gastland, die Qualität und/oder Eigenheit von Produkten und Dienstleistungen sowie das gastronomische Angebot sind nicht zu vernachlässigen. Das tatsächliche Konsumverhalten wird letzten Endes vom Zusammenspiel der genannten Parameter determiniert. Die Veränderung eines Parameters kann folglich zu spürbaren Verhaltensveränderungen führen. Vor einer solchen Veränderung ist also genaustens abzuwägen, ob der Nutzen den Schaden übersteigt. Sollte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unserer Region – in welchem Ausmaß auch immer – ohne Not in Gefahr gebracht werden?

Die Einführung der Bagatellgrenze zielt im Wesentlichen darauf ab, einen Steuerausfall durch die Rückerstattung zu vermeiden und den Zoll zu entlasten. Im Jahr 2018 wurden durch die Mitarbeiter des Zolles ca. 15 Millionen Vorgänge bearbeitet – händisch! Die Forderung zur Entlastung des Zolles erscheint vor diesem Hintergrund nur logisch. Doch, ist es an dieser Stelle nicht zu kurz gedacht, einzig die Reduzierung der generierten Belege als erfolgversprechende Lösung zu betrachten?

Wir finden schon - und sprechen uns als die junge Wirtschaft am Hochrhein für die Digitalisierung dieses Prozesses aus. Um einen effizienten Umgang mit der Arbeitsleistung des Zolles zukünftig gewährleisten zu können, ist die Beschleunigung der Arbeiten an der digitalen Lösung unabdingbar. Es steht außer Frage, dass die händische Abwicklung der Umsatzsteuerrückerstattung die Mitarbeiter des Zolles in erheblichen Umfang in Anspruch nimmt. Doch leben wir heute in einer digitalisierten Welt, in der aus unserer Sicht, der Schritt zur Digitalisierung dieses Prozesses der richtige Schritt für die Zukunft unserer Grenzregion darstellt.

Daher sprechen wir uns gegen jede Einschränkung der Umsatzsteuerrückerstattung und für eine beschleunigte Entwicklung und Implementierung eines digitalisierten Verfahrens bei der Ausfuhr aus.

Unsere Mitglieder sind Führungskräfte und Unternehmer unter 40, erfolgreich in allen Branchen der Wirtschaft wie dem Dienstleistungssektor, dem Handel und der Industrie. Wir sind die Stimme der jungen Wirtschaft. Und die erheben wir, um den Standort Deutschland weiterzuentwickeln und um Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Dafür denken wir weiter – nicht nur bis zum nächsten Jahresabschluss.

Die auch zukünftig erfolgsversprechende Spitzenposition unserer Region im bundesweiten Vergleich verdanken wir, neben der unternehmerischen Initiative und Leistungsbereitschaft unserer einheimischen Bevölkerung, vor allem auch der guten Nachbarschaft zur Schweiz.

Das soll auch so bleiben.